Ein Sonderbericht für die Europäische Kommission. Siehe frühere Berichte für andere Agenturen.
Von Jack Brewster und Macrina Wang | Veröffentlicht am 12. Mai 2023
Eine Analyse von NewsGuard hat ergeben, dass Dutzende von gemeinnützigen und staatlichen Organisationen Werbung auf Webseiten schalten, die Falschinformationen verbreiten – und diese so finanziell unterstützen. Darunter sind auch Seiten, die im direkten Widerspruch zu den erklärten Zielen der Organisationen stehen.
Im April und Mai 2023 fanden Analyst:innen von NewsGuard 108 programmatische Werbeanzeigen von 57 gemeinnützigen und staatlichen Organisationen. Sie erschienen auf 50 Webseiten, von denen NewsGuard zuvor festgestellt hatte, dass sie Fehlinformationen verbreiten. Einige dieser Anzeigen befanden sich direkt neben Artikeln mit falschen oder irreführenden Inhalten, während weitere an anderer Stelle auf den Webseiten, einschließlich der Startseite, angezeigt wurden. Diese Anzeigen wurden den NewsGuard-Analyst:innen beim Browsen im Internet in neun Ländern angezeigt: USA, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich, die Niederlande und Neuseeland.
Bei programmatischer Werbung werden Online-Leser:innen zielgerichtete digitale Anzeigen präsentiert. Mithilfe von Algorithmen und Hightech-Auktionsverfahren versprechen digitale Werbeplattformen wie Google und The Trade Desk, gezielt bestimmte demographische Gruppen zu den niedrigsten verfügbaren Kosten anzusprechen. Werbeagenturen kaufen die Anzeigen und sie erscheinen automatisch auf den Plattformen.
Da dieser Prozess so undurchsichtig ist, wussten viele — wenn nicht alle — der in diesem Bericht genannten Organisationen wahrscheinlich nicht, dass sie zur Finanzierung von Webseiten mit Fehlinformationen beitragen. Dies ist möglich, weil die Anzeigen über eine dritte Partei (meist eine Werbeagentur) gekauft werden.
Einige der wichtigsten Erkenntnisse NewsGuards:
- Gemeinnützige Gruppen, die Hilfe im Zuge der durch den Russland-Ukraine-Krieg verursachten humanitären Krise leisten – einschließlich solcher, die Geflüchteten helfen – tragen zur Finanzierung von Webseiten bei, die russische Desinformation über den Krieg verbreiten. Dazu gehört auch die Behauptung, dass Berichte über russische Verbrechen reine Fiktion seien.
- Mehrere Gesundheitsorganisationen sowie US-amerikanische Hochschulen und Universitäten werben auf Webseiten, die offenkundige und bisweilen gefährliche Falschinformationen verbreiten. Dazu gehören falsche Behauptungen über die Gefahren von COVID-19-Impfstoffen und unseriöse Heilmittel.
- Mehr als 70% der von NewsGuard identifizierten gemeinnützigen und staatlichen Anzeigen — 81 von 108 — wurden von Google zur Verfügung gestellt. Google ist die größte Online-Werbeplattform, die im vergangenen Jahr allein mit Online-Werbung 168 Milliarden Dollar Umsatz gemacht hat.
Wie bereits erwähnt: Einige der Webseiten, auf denen die Anzeigen erschienen, verbreiten Fehlinformationen in direktem Widerspruch zum Auftrag der jeweiligen gemeinnützigen oder staatlichen Organisation, die auf ihnen geworben hat.
So fand NewsGuard beispielsweise Anzeigen für Planned Parenthood (eine amerikanische gemeinnützige Organisation für Familienplanung und Sexualberatung) in einem von ReturnToNow.net veröffentlichten Artikel. Dabei handelt es sich um eine Webseite, die sich mit Naturheilmitteln befasst und auf der nach Ansicht von NewsGuard falsche und unbegründete Behauptungen zum Thema Gesundheit verbreitet wurden. Die Anzeige erschien neben einem Artikel, der Rezepte für gefährliche pflanzliche Abtreibungsmittel anpries. Der Artikel mit dem Titel “Planned Parenthood — The Natural Way” schlug vor, dass Frauen, die “die natürliche Version der Pille danach verwenden und/oder eine Fehlgeburt im ersten Trimester herbeiführen” wollten, dies durch die Einnahme von 23 Kräutern und Nahrungsergänzungsmitteln tun könnten — darunter Beifuß und eine hohe Dosis Vitamin C.
Medizinische Expert:innen raten Frauen dringend davon ab, pflanzliche Mittel zur Einleitung eines Schwangerschaftsabbruchs zu verwenden. Und auch Planned Parenthood selbst empfiehlt Frauen ausdrücklich, nicht auf diese Weise abzutreiben. Dennoch erschien die Anzeige für Planned Parenthood direkt über einer Liste von Kräutern, die ReturnToNow zur Einleitung einer Abtreibung empfiehlt.
Im selben Artikel entdeckte NewsGuard auch eine Anzeige für Girl Scouts of the USA, einem US-amerikanischen Pfadfinderinnen-Verband.